SPIELER
Dokumentarfilm, AT 2014, 70 min, R: Katharina Copony
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Rustem ist Spieler, sein Job und seine Passion Poker. Zwei Stunden genügen dem 25-Jährigen, um online bis zu 300 Turniere zu absolvieren. In jeder Sekunde und mit jedem Click fällt dann eine Entscheidung: 60 mal Risiko pro Minute. Mit Glück habe das Spiel wenig zu tun, heißt es. Was zählt seien Selbstvertrauen, Zahlentalent und eben Disziplin.
Im verdunkelten Wohnraum folgt die Kamera Rustems eigenwillig isoliertem Handwerk. Nur der Schein des Laptops trotzt dem Schwarz – gleich einem Sinnbild für die vermeintliche Anonymität des Internets. Zwischen momenthaftem Glamour und Klischee, schnell erspielten Geldsummen, Mikrowellenburger und Feierabend-Longdrink artikuliert sich aber auch Rustems Sehnsucht nach Öffentlichkeit, dem Ruhm eines Pius Heinz, nach direkter Konfrontation. Mit dem Protagonisten dringt der Kamerablick also zunehmend in die reale Pokerwelt vor – in verrauchte Hinterzimmer und artifiziell dekorierte (Provinz-)Casinos. Dort streift er über gigantische Tischensembles, beobachtet das Ballett der Karten und die Bewegungsabläufe beim Austausch von Jetons und Vermögen.
Katharina Copony artikuliert eine filmische Übersetzung für die eigenwillige Routine und forcierte Emotionslosigkeit in den virtuellen und den realen Pokerhallen – für ein Spiel, das sich in den Alltag fortschreibt und nicht mit dem jeweiligen Turnier endet. Dabei ist SPIELER weder sensationsgieriges Gewinnerporträt noch kanonisierte Glücksspielkritik. Über die poetische Offerzählung vermittelt sich die Geschichte von einem Leben in Gemeinschaft, in der jede/r doch nur für sich agiert. Dazu stimmig zoomt die Kamera gegen Ende des Films noch einmal in die Computerwelten von „Mafia 2“. Hier wie da regiert das Gesetz des Stärkeren, virtuelle Realität und Wirklichkeit verschwimmen. Allein gegen alle, immer im Spiel.
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im Anschluss Gespräch mit Regisseurin Katharina Copony
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